Dienstag, 2. Dezember 2008

Unterricht im Treibhaus

Noch vor meinem Heimaturlaub wollte ich die vier Stunden lange Fahrt auf einem fast unbefahrbaren Feldweg nach Rio Chilenas an der argentinischen Grenze antreten. Dort unterrichtet ein befreundeter Lehrer. Da das Getriebe im Allradjeep nicht mehr gut funktionierte und etwas schleifte, das ich selbst aber nicht in Ordnung bringen kann, musste ich die ganze Fahrt mit zugeschalteter Allradachse fahren. Man sollte es nicht tun, aber das Schlimmste wäre nun, alle geplanten Besuche absagen zu müssen, nur weil der Jeep streikt. Nun, diese Toyota Landcruiser mit ihren 220 PS sind schon robuste Wagen und so konnte ich bis zum Heimaturlaub noch etwa 2.000 Kilometer mit dazu geschaltetem Allradgetriebe fahren. 20 Besuche standen noch aus und vor allen Dingen diese Fahrt über Pässe von 5.000 Metern hat es in sich. Mitunter viel Sand bei der Auffahrt in Serpentinen, Steine dazwischen, dann mal wieder ein ausgetrocknetes Flussbett, über das man provisorisch Steine legte, die man mit einer Zementdecke überziehen wollte, aber dafür hatte man kein Geld, dann eine Lagune, die man umfahren musste. Die Landschaft herrlich und beeindruckend. Viele Bicuñas, herrliche Lagunen, die aufleuchten und eines meiner Dörfer konnte ich am Horizont in der Sonne funkeln sehen, denn die Wellblechdächer reflektieren das Sonnenlicht. Nach etwa vier Stunden Fahrt ist es nicht mehr weit bis ins Dorf. Da ich schon um 5.00 Uhr aufstehen musste, lasse ich meinen Fahrersitz etwas runter und lege mich für etwa eine halbe Stunde ab, denn im Dorf springen meist die Kinder auf mich zu und es ist unmöglich, sich noch etwas auszuruhen. Zudem sind wir in meinem höchstgelegenen Dorf. Es liegt auf exakt 4.440 Metern über dem Meeresspiegel. Da ermüdet allein schon die Höhe.

Prof. Cornelio erwartet mich schon im Dorf. Wo kommt er her, dachte ich mir, denn beim letzten Besuch kam er noch aus dem Treibhaus. Es war im Winter derart kalt gewesen, dass er den Unterricht im Treibhaus abhalten musste. Heute etwas angenehmere Temperaturen, sodass wir wie üblich den Gottesdienst im Schulhaus feiern können. Viele Messintentionen sind aufzunehmen, aber leider keine einzige Taufe. Prof. Cornelio sagt mir, dass sie wieder mal keine Padrinos ( Paten) gefunden hätten. Irgendwie muss man sich ja auch im entlegensten Winkel der Welt etwas an kirchliche Vorschriften halten, denn ohne Paten geht es nun mal nicht, obwohl ich kein Problem damit hätte, auch ohne Paten zu taufen. Ein alter Haudegen von Pater in meiner Missionszeit im Amazonasgebiet von Brasilien sagte mir einmal: " weißt Du, wenn die Leute keine Paten haben, dann suche ich ganz einfach einen Heiligen und sage ihnen, dass dies der Pate sei." Was würde dazu wohl Papst Benedikt sagen? Nun, er kennt ja die ureigensten Probleme nicht so wie wir vor Ort und sicher würde er in dem einen oder anderen Fall auch anders entscheiden, wenn er die Situation als Missionar mal am eigenen Leib erfahren hätte können. über Probleme nur zu hören oder sie am eigenen Leib zu erfahren ist eben doch noch mal ein großer Unterschied. Also schieben wir die Taufen wieder auf. Ich selbst stelle mich als Pate nicht zur Verfügung. Das hätte unüberschaubare Folgen, denn ich müsste dann überall als Pate einspringen. Mit meiner bebilderten Kinderbibel spreche ich übers Evangelium und Lehrer Cornelio legt das Ganze nochmals mit seinen Worten dar. So verstehen meine Leute doch sehr viel vom Evangelium.

Im Anschluss schauen wir die noch im Bau befindliche Kapelle an. Ich hatte vor Jahren mal der Gemeinde 1.000 US $ gegeben. Das Geld war eigentlich dafür bestimmt gewesen, eine Straße zu der nah gelegenen argentinischen Grenze anzulegen. Der Bürgermeister dort wollte seine Straßenraupen zur Verfügung stellen, und das Dorf hätte nur den Treibstoff für die Maschine übernehmen sollen. So baten sie mich um diese Hilfe. Eine sehr gute Sache, dachte ich mir, denn Rio Chilenas hätte so eine Verbindung zum etwa 20 Kilometer entfernten ersten Grenzdorf von Argentinien. Doch es kam nicht dazu. Argentinien hatte diese Maschinen an einen anderen Ort verlegt. Die Dorfbewohner baten darum, das Geld doch für einen kleineren Kapellenbau verwenden zu dürfen. Ich war damit einverstanden. Zement, Holzbalken und etwas Eisenarmierungen wurden mit Hilfe der 1.000 US $ gekauft. Man zog auch schon die Mauern mit Lehmsteinen in Eigenarbeit des Dorfes hoch, aber dabei blieb es dann auch. Der einzige im Dorf, der etwas vom Bauen verstand, verunglückte bei einem Autounfall. Wir überlegten lange, was wir machen können. Der Lehrer wollte alles organisieren. Dann kam die Regenzeit, dann war es mal wieder zu kalt zum Bauen. So blieb es vorerst einmal bei den etwa zwei Meter hohen Mauern. Vielleicht schaffen wir es ja irgendwann mal, diese kleine Kapelle auch fertig zu stellen. Immerhin konnte ich ja die fünf geplanten Kapellen einweihen und hier in Rio Chilenas war das Ganze für mich nur ein Anhängsel. In Bolivien hat man ja für alles Zeit und nichts drängt.

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