Mittwoch, 4. Juli 2007

Öl auf dem Lenkrad

Den gestrigen Tag in La Paz verbrachte ich fast ganz damit, meinen Jeep Landcruiser wieder auf Vordermann bringen zu lassen. Man kann hier in Bolivien nicht so einfach sein Auto in einer Großwerkstatt abgeben und ihn dann am nächsten Tag repariert zurückhaben, wie in Dtl. ja meist so üblich. Zunächst musste ich mal in der ein Millionenoberstadt von La Paz mich nach geeigneten Reifen umsehen. An über fünf Reifenverkaufsstellen haben wir nachgefragt. Wir, das ist ein guter Taxifahrer, den ich seit einigen Monaten in La Paz zur Seite habe. Er bekommt die Altreifen und begleitet mich im Gegenzug bei allem, was mit Auto zusammenhängt. Angeblich gäbe es nur noch die indischen und chinesischen Reifen. Auf Letztere wollte ich lieber verzichten. Schließlich fanden wir doch noch die chilenischen Goodyear Reifen, mit denen ich seit gut 300.000 Kilometern Erfahrung habe. 800 Bolivianos, also etwas weniger als 100 Dollar für einen Reifen. Wir brauchten allerdings zwei Reifen, die dann auch aufzutreiben waren. Nun ging es mit dem Jeep weiter zu einer Reifenwechselstelle. Eine jüngere, dicke Frau mit den hier bekannten langen und weiten Röcken hatte eine Reifenwechselstelle aufgemacht. Ich war etwas erstaunt, für diesen schweren Dienst eine Frau zu sehen. Doch Eduardo, mein Begleiter, meinte nur: „Die Frauen siehst Du nun mehr und mehr bei diesen Diensten". Mit viel Energie und Können löste sie die Reifenmuttern. Den Rest macht ihr kleinster Sohn. Er wurde bald vom Gewicht des Reifens umgeworfen, als er das Rad abnahm. Kinderarbeit, aber was willst Du da machen. Weiterfahren, protestieren. Du kannst nicht gegen die Realität anschwimmen. Die Frau nahm nun einen Pickel in die Hand und jagte ihn zwischen Reifen und Felge rund um das Rad. Es ging sehr schnell, ich jedoch fragte mich nur, wie man an dieser Straßenkreuzung einen solchen Dienst ausführen kann, wo jeden Augenblick Busse und Lkws die Kurve kratzen. Dazu kam ein schmieriges, schwarzes Rinnsal am Straßenrand, das einen unerhörten Gestank mit sich brachte. Nun wurde in die neuen Reifen etwas Mehl gestreut, damit der Reifen sich nicht mit dem Schlauch verklebt. Nach etwa einer halben Stunde war die Arbeit getan. Kostenpunkt. 1 Euro. Auswuchten kann man die Reifen natürlich nicht lassen. Das kennt man hier nicht. So werden sie eben ungleich abgefahren. Damit lässt sich aber leben.

Nun fuhren wir weiter in eine belebte große Straße zwischen der Oberstadt und La Paz. Am Straßenrand die Mechaniker. Schon kam ein Don Oscar auf uns zu. Er ist Fachmann für die Blattfedern, die an meinem Jeep gebrochen waren und notdürftig mit Gummiband zusammengehalten wurden. In enormer Geschwindigkeit machte sich Don Oscar an die Arbeit. Die Blattfedern waren auch sehr schnell entfernt doch dann die Überraschung. Don Oscar zeigte mir die Stangen, die mit Drehköpfen die Lenkung vom Steuer auf die Räder übertragen. Padrecito, meinte er, da bist Du gerade noch einem Unfall zuvorgekommen. Tatsächlich, die Köpfe drehten sich in alle Richtungen, hatten also keinen richtigen Kontakt mehr zum Lenkrad. Das müssen wir sofort auswechseln. Kostenpunkt etwa 100 Dollars. Ich war schon etwas über die Kosten besorgt, denn tags zuvor habe ich meinen Baumeistern Gelder gegeben, sodass sie in meiner Zeit in Deutschland an den Kirchen weiterbauen können. Es reichte gerade noch. Auch das wurde relativ schnell in Ordnung gebracht.

Dann kam zumindest das für mich Wichtigere. Die Handbremse funktionierte nicht mehr. Don Oscar bastelte etwas mit Unterlegscheiben herum, meinte dann aber, dass da nichts mehr zu machen sei. Das Bremskabel ist ausgeleiert und müsste erneuert werden. Don Eduardo machte sich wieder auf den Weg in die Innenstadt, wo die Autogeschäfte angesiedelt sind. Mittlerweile war es schon 13.30 Uhr. Bis 14.30 Uhr sind die Geschäfte geschlossen. Gegen 16.00 tauchte noch immer nicht mein Eduardo auf und so erlaubte ich mir einmal, ihn anzurufen. Er hat zum guten Glück immer sein Handy dabei. Negativ, seine Antwort, das Kabel ist nicht zu haben. Vier Stunden habe ich gewartet. In der Sonne auf und ab gegangen ohne Mittagessen. Nun bat mich der Mechaniker, an der abschüssigen Straße den Jeep umzustellen. Das kann ich beim besten Willen nicht ohne Handbremse. Die Bolivianer sind da geschickter und kreuzen mit dem rechten Fuß Gaspedal und Bremse. Also schwang sich der Mechaniker in mein Auto und wendete den Jeep. Er will nun die Fußbremse etwas verbessern. Dazu schwingt er sich wieder unters Auto und lässt Luft in den Bremsschläuchen ab. Ich musste mit dem Bremspedal pumpen. Einige Minuten lang. Doch ach, welch ein Schreck. Als ich meine Hände vom Lenkrad nahm, waren sie ganz schwarz. Der Mechaniker hatte sich mit seinem von Öl glänzenden Overall ins Auto gesetzt. Ich versuchte mit etwas Wasser, wenigstens das Lenkrad und die Sitzfläche etwas vom Öl zu befreien.

Schließlich war schon nach 18.00 Uhr, als wir die Fahrt ins Kloster antraten. Neun Stunden war ich also unterwegs nur mit dem Frühstück im Bauch. Was will man machen? So ist es eben hier. Wenn man nicht neben den Mechanikern steht, werden alle möglichen Dinge gemacht. Gut, dass man in Bolivien für solche Arbeiten auch Zeit hat.

Heute streiken mal wieder die Leute. Im Land des Erdgases gibt es keine Gasflaschen für die Bevölkerung. Schwarz werden die Gasflaschen ins Nachbarland gebracht, wo man den dreifachen Preis erzielen kann.

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