Ein Ortsbesuch und die Reaktionen der Gemeinde
Einleitung
Am frühen Morgen des gestrigen Tages erreicht uns eine erschütternde Nachricht aus dem kleinen Ort Río San Pablo. Die dortige Kapelle, ein jahrzehntelanger Zufluchtsort für Gebet, Begegnung und Hoffnung, wurde Opfer von Vandalismus. Noch ist unklar, wer hinter der Tat steckt, doch die Spuren der Verwüstung sind unübersehbar und werfen viele Fragen auf. Gemeinsam mit Katechet Policarpio verschaffen wir uns ein Bild der Lage vor Ort und sprechen mit Betroffenen über ihre Gefühle, Sorgen und Hoffnungen.
Die Ankunft in Río San Pablo
Die Sonne steht noch tief am Horizont, als wir das Dorf am Fluss erreichen. Es ist ruhig, nur das Zwitschern der Vögel und das sanfte Rauschen des Wassers sind zu hören. Doch diese friedliche Idylle steht in scharfem Kontrast zu den Geschehnissen der Nacht. Katechet Policarpio empfängt uns mit ernster Miene am Eingang der Kapelle. Die Erschütterung über das Vorgefallene ist ihm ins Gesicht geschrieben.
Die Spuren der Verwüstung
Beim Gang durch die Sakristei stockt uns erneut der Atem: Alles liegt in wüstem Durcheinander, Stromkabel wurden brutal aus den Wänden gerissen, als hätte jemand dem Raum wortwörtlich das Herz herausgerissen. Im Inneren der Kirche selbst ist der Schock nicht minder groß – eine Heiligenfigur, die vielen Dorfbewohner*innen als Symbol für Trost und Hoffnung galt, wurde mutwillig zerbrochen, zudem sind mehrere Kerzenständer aus Keramik in Scherben auf dem Boden verstreut.
Noch am selben Vormittag wurde eine Versammlung der Gemeinde einberufen, bei der Betroffene, Anwohner*innen und Verantwortliche zusammenkamen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Der Dorfpolizist war vor Ort und nahm sorgfältig den entstandenen Schaden auf, während viele mit Fassungslosigkeit und Traurigkeit auf die Trümmer blickten.
Katechet Policarpio führt uns von Raum zu Raum, schildert, was die Kapelle und ihre Ausstattung für die Gemeinde bedeuten. „Das ist nicht nur ein Gebäude, das ist unser geistiges Zuhause“, sagt er mit belegter Stimme. Besonders schmerzlich sei der Verlust mehrerer alter Gesangbücher, die als Erbstücke von Generation zu Generation weitergegeben wurden.
Die Bedeutung der Kapelle für die Gemeinde
Die Kapelle von Río San Pablo ist weit mehr als ein Ort für die sonntägliche Messe. Sie ist Treffpunkt für Jung und Alt, Veranstaltungsort für Familienfeiern und Feste des Kirchenjahres, ein Ort, an dem getrauert und gefeiert wird. Viele Dorfbewohner*innen kommen hierher, um Trost und Stille zu finden, um Kerzen für Verstorbene zu entzünden oder einfach einen Moment im Gebet zu verweilen.
Eine ältere Bewohnerin erzählt: „Ich habe hier meine Kinder taufen lassen, die Beerdigung meines Mannes wurde hier gehalten. Diese Kapelle ist ein Teil meines Lebens.“ Ihre Stimme zittert vor Wut und Traurigkeit. „Wie kann jemand so etwas tun?“
Die Ermittlungen und die Suche nach den Verantwortlichen.
Die Polizei hat noch in der Nacht ihre Ermittlungen aufgenommen. Es werden Spuren gesichert, erste Befragungen finden statt. Ein Motiv ist bislang nicht erkennbar. Einige im Dorf vermuten Jugendliche aus der Umgebung, andere glauben an einen gezielten Angriff auf die katholische Gemeinde. Doch noch gibt es keine Hinweise, die zu den Täter*innen führen könnten.
Die Gemeinde hat eine Belohnung für Hinweise ausgesetzt, die zur Aufklärung beitragen. Viele hoffen, dass die Verantwortlichen gefunden werden und die Kapelle bald wiederhergestellt werden kann.
Die Reaktion der Gemeinde
Trotz der Erschütterung ist der Zusammenhalt im Dorf spürbar. Viele kommen zur Kapelle, helfen beim Aufräumen, sammeln beschädigte Gegenstände ein und versuchen, die schlimmsten Schäden zu beheben. Es werden Spendenaufrufe organisiert, um die Reparaturen zu finanzieren. Die Kinder malen Zeichnungen für den Altar, um ein Zeichen der Hoffnung zu setzen.
Der Pfarrer hält eine Andacht vor den versammelten Dorfbewohner*innen, spricht über Vergebung und die Kraft der Gemeinschaft. „Wir lassen uns nicht entmutigen“, betont er. „Diese Tat zeigt uns, wie stark unser Zusammenhalt ist. Wir werden unsere Kapelle wieder aufbauen.“
Ausblick und Hoffnung
Noch ist ungewiss, wann die Kapelle in ihrem alten Glanz erstrahlen wird. Doch die Entschlossenheit der Gemeinde ist gross. Viele bieten ihre Hilfe an, Handwerker*innen aus dem Umland haben bereits Unterstützung zugesagt. Es wird geplant, die Kapelle nicht nur zu reparieren, sondern noch schöner und einladender zu gestalten als zuvor.
Gut, dass es im Dorf noch die von engagierten Händen vor Jahren errichtete Schule gibt. In diesen Tagen wurde sie zum neuen Zentrum des Gemeindelebens: Hier versammelten sich Schüler*innen, Lehrpersonal und Gläubige, um gemeinsam Gottesdienste zu feiern, miteinander zu beten und Trost zu finden. Auch jene, die sonst nur selten den Gottesdienst besuchen, kamen zusammen – vereint in Trauer und im festen Glauben an einen Neuanfang.
Besonders schmerzlich war der Verlust des grossen, blauen, beleuchteten Kreuzes, das einst weithin sichtbar über dem Dorf leuchtete. Viele empfinden dessen Zerstörung als Symbol und als Prüfung. Doch inmitten der Ratlosigkeit verbreitet sich Zuversicht: „Wir sind überzeugt, dass der HERR uns Zeichen der Führung und Zuversicht schenken wird“, sagt eine Stimme aus der Gemeinde. Mit dieser Hoffnung, gestärkt durch die Gemeinsamkeit in der Not, blickt Río San Pablo nach vorn.
Trost in dunkler Stunde
Die Verwüstung der Kapelle ist ein schwerer Schlag für Río San Pablo. Doch sie offenbart auch die Kraft menschlicher Solidarität und den tiefen Glauben der Gemeinde. In dieser dunklen Stunde zeigt sich, wie sehr die Menschen hier füreinander einstehen. Was zerstört wurde, kann wieder aufgebaut werden – und oft wächst aus Scherben etwas Neues und Stärkeres.
Schlusswort
Der Vorfall in Río San Pablo ist Mahnung und Hoffnung zugleich. Er erinnert daran, wie verletzlich Orte der Gemeinschaft sind – und wie viel sie uns bedeuten. Zugleich zeigt er, dass selbst in schwierigen Zeiten der Zusammenhalt und die Zuversicht einer Gemeinschaft stärker sein können als jede Zerstörung.
P. Claus Braun
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